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Unabhängig und ohne Interessenkonflikte

Unabhängig und ohne Interessenkonflikte

Der Gründer und Inhaber eines der renommiertesten unabhängigen Vermögensverwaltungsunternehmen der Schweiz, Dr. Pirmin Hotz, hat im Frühjahr ein Buch veröffentlicht, das zum Bestseller geworden ist. Darin schildert er seine Überzeugungen und langjährigen Erfahrungen in pointierter, packender und unterhaltsamer Weise. Pirmin Hotz spricht schonungslosen Klartext über Anlagestrategien und die Finanzbranche.

Pirmin Hotz, was war Ihre Motivation, ein Buch zu schreiben?

Im Haifischbecken der Finanzbranche wimmelt es von Gurus, Blendern und Abzockern. Jede Bank und jeder Vermögensverwalter proklamiert, die besten Analysten, die besten Prognostiker und die besten Fondsmanager zu haben. Das ist absurd und reines Marketing. Es ist mir ein Anliegen, einem breiten Investorenpublikum ungeschönt aufzuzeigen, welche Anlagen und Finanzprodukte wirklich taugen und welche nicht. Das Buch ist gleichermassen praxisbezogen und wissenschaftlich fundiert, weshalb es sowohl von Anlegern, Studenten und auch Laien geschätzt wird. Es beinhaltet viele Reminiszenzen aus meinem Erfahrungsschatz, welche die Leser zum Schmunzeln bringen. Aufgrund der grossen Nachfrage wurde das Buch schon zweimal nachgedruckt. Die Resonanz ist überwältigend.

Welches Ereignis prägte Sie besonders in Ihrem Werdegang?

Während meines Studiums an der Universität St. Gallen lernte ich einen Direktor von Merrill Lynch kennen. Er schwärmte von der Kompetenz des weltweit führenden Brokers, für den er tätig war. Er und sein Team würden den Aktienmarkt Tag und Nacht beobachten und dank geschicktem Trading wären die Renditen der Kunden herausragend. Da ich als Student kein Geld für eine Anlage hatte, motivierte ich meinen Vater, zu investieren. Nach wenigen Monaten lag der Broker mit rund 30 Prozent im Gewinn, doch danach ging es mit den wilden Spekulationen nur noch in eine Richtung: Bergab! Das Portfolio musste nach rund einem Jahr mit einem Totalverlust liquidiert werden. Mein Vater klopfte mir auf die Schulter und riet mir, aus dieser üblen Geschichte die Lehren zu ziehen. Dem Rat meines Vaters bin ich gefolgt, indem ich mich seither als langfristiger Investor und nicht als kurzfristiger Spekulant profiliere.

Was ist Ihr spezieller Börsentipp in der aktuellen Börsenlage?

Von kurzfristigen Börsenprognosen halte ich nichts. Anlageexperten und Gurus überschätzen ihre Prognosefähigkeit monumental. Die Finanzmärkte sind extrem effizient und reagieren sekundenschnell auf neue Informationen. Wir dürfen uns nichts vormanchen. Wo der SMI in einem Monat, in einem halben Jahr oder auch in zwei Jahren steht, ist Kaffeesatzleserei.

Ist denn alles Zufall an der Börse?

Kurzfristig ja, langfristig nein! Wir wissen, dass Aktien langfristig die mit Abstand attraktivste Anlagekategorie bilden, klar vor der Immobilienanlage. Dieses Wissen gilt es in der Anlage zu nutzen.

Wie investieren Sie das Geld ihrer Kunden und fliessen auch Gedanken zur Nachhaltigkeit mit ein?

Anleger mit einem langfristigen Anlagehorizont empfehlen wir einen hohen Aktienanteil. Wichtig dabei ist, in erstklassige Qualität zu investieren und breit zu diversifizieren. Auch Nachhaltigkeit ist uns wichtig – im Bewusstsein, dass in unserer Branche leider oft teures Greenwashing betrieben wird. Wir verstehen Nachhaltigkeit in Finanzanlagen umfassend. Deshalb halten wir beispielsweise keine Aktien von Grossbanken, die sich mit zahlreichen Klagen und Bussen konfrontiert sehen und keinen nachhaltigen Mehrwert für ihre Aktionäre schaffen. Die effiziente und kostengünstige Umsetzung erfolgt mit Direktanlagen. Wir verzichten vollständig auf margenträchtige Produkte. Die richtige Anlagestrategie und tiefe Kosten entscheiden über die langfristige Rendite.

Was halten Sie von Alternativen Anlagen?

Wenig bis gar nichts. Hedge Funds machen nur die Anbieter reich, aber kaum je die Kunden. Bei Infrastrukturanlagen und Private Equity gäbe es zwar Argumente, die für ein Engagement sprechen. Aufgrund der Intransparenz, Illiquidität und der oft exorbitant hohen Kosten, die auf verschiedenen Ebenen anfallen, verzichten wir auch auf diese. Die effektiven Renditen liegen wesentlich tiefer, als es in vielen Hochglanzprospekten versprochen wird. Wer mit Private Equity Geld verdienen will, kauft am besten die Aktien eines erfolgreichen Anbieters und verzichtet auf dessen Produkte.

Welche Rolle spielt der Herdentrieb bei der Umsetzung Ihrer Anlagestrategie?

Eine entscheidende! Als Vermögensverwalter habe ich verschiedene grosse Crashs erlebt. Am „Schwarzen Montag“ vom 19. Oktober 1987 verloren die Aktienmärkte an einem einzigen Tag über 20 Prozent, in der Dotcom-9/11-Krise um die Jahrtausendwende sowie in der Finanzkrise von 2007 bis 2009 über 50 Prozent ihrer Kurswerte. Während der Corona-Krise sackten Aktien in einem Monat 35 Prozent ab. Zwar wissen wir nie, wann jeweils der Tiefpunkt erreicht ist. Entscheidend aber in jeder Krise ist, antizyklisch und mutig zuzukaufen, wenn die Herde die Nerven verliert oder aufgrund zu hoher Kredite gezwungen wird, im dümmsten Moment auszusteigen.

Was sind die Tricks, die die Finanzbranche einsetzt, um Anleger abzuzocken?

Obwohl das Bundesgericht seit seinem ersten Urteil im Jahr 2006 mehrfach entschieden hat, dass Kick Backs respektive sogenannte Retrozessionen dem Kunden gehören, werden diese verpönten Gebühren nach wie vor in Milliardenhöhe vereinnahmt. Heute steht einfach in den Allgemeinen Depotbestimmungen der Depotbank, dass solche verdeckten Kommissionen, die bis zu 2 Prozent betragen können, einkassiert werden. Die meisten Anlegerinnen und Anleger dürften sich kaum bewusst sein, dass sie auf diese Weise über den Tisch gezogen werden. Wer liest schon das Kleingedruckte dieser „Beipackzettel“?

Welche Lehren sollten Anleger daraus ziehen?

Investoren sollten darauf bestehen, dass ihr Bankberater oder ihr Vermögensverwalter einzig vom Honorar seiner Kunden lebt. Nur wer unabhängig und frei von jeglichen Interessenkollisionen ist, kann als Geldverwalter konsequent im Sinne des Kunden handeln, so wie er es mit dem eigenen Geld tut. Wer indirekte und versteckte Gebühren kassiert, ist nicht unabhängig und hat Interessenkonflikte. Das ist auch dann der Fall, wenn eigene Produkte eingesetzt werden. Am Ende des Tages wird der zum Verkäufer mutierte Berater dem Kunden nämlich genau diese ins Portfolio legen, um die Gehaltstüte aufzupolieren.


Tagesanzeiger
16. Dezember 2021

Autoren

Dr. Pirmin Hotz


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