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Für Private verschlossen

Private Equity lockt mit stolzen Renditen. Doch Privatanleger haben es schwer, in die Anlageklasse zu investieren. Wie es gelingt und worauf Anleger achten müssen.

Wird Geldanlegen endgültig zur Mission impossible? Sowohl private wie auch institutionelle Anleger sind im Verlauf der vergangenen Monate immer ratloser geworden. Aktien und Immobilien scheinen weiter zu hoch bewertet, das Absturzrisiko ist entsprechend hoch. Bei Festverzinslichen wandert der Zins Kommastelle um Kommastelle hinter die Null. Bei nicht wenigen dieser Papiere müssen die Investoren mittlerweile sogar drauflegen. Gold und Rohstoffe sind zuletzt zwar flott vorangekommen, erscheinen vielen Privatanlegern aber als zu schwankungsanfällig.

Zweistellige Renditen

Wenig erstaunlich, dass sich Investoren deshalb wieder häufiger bei sogenannten alternativen Anlagen umschauen, etwa bei Derivaten, Hedgefonds und auch Cat-Bonds. Besonders ins Auge stechen zudem Private-Equity-Investitionen (PE). Bei dieser Anlageklasse winken auf den ersten Blick schon fast irreale zweistellige Renditen. Die wundersamen Fakten lassen sich schwarz auf weiss nachlesen: Im rollenden Mehrjahresvergleich erreichten PE-Anlagen gemäss Branchenangaben über die letzten 20 Jahre Renditen von stolzen 15 bis 20 Prozent. Pro Jahr wohlverstanden. An vielen Aktienmärkten waren im gleichen Zeitraum «nur» rund 9 Prozent zu holen.

Auch in den letzten drei Jahren hat diese vor allem für institutionelle Investoren konzipierte Anlageklasse hervorragend abgeschnitten. Geschmack an dieser Anlagekategorie haben vor allem Pensionskassen, Versicherungen und ganz speziell Family Offices gefunden. Diese setzen nach Angaben des Finanzdienstleistungsunternehmens Complementa schon zu 10 Prozent auf Private Equity. Bei Pensionskassen liegt der PE-Anteil weltweit bei 4 bis 6 Prozent. Die meisten helvetischen Kassen sind deutlich zurückhaltender. Sie setzen im Durchschnitt erst zu rund 1 Prozent auf diese Anlageform.

«Direkte Investitionen setzten einen hohen Kapitalbedarf voraus.»
Rainer Ender, Adveq

Klar aber, dass bei diesen Performance-Zahlen auch Privatanleger der Hafer stechen müsste. Doch die Hürden für sie sind hoch und vielfältig. «Direkte Investitionen in privat gehaltene Firmen, setzen einen relativ hohen Kapitalbedarf voraus, der die Möglichkeiten der meisten Privaten bei weitem übersteigt», sagt Rainer Ender, Managing Director des Zürcher PE-Dienstleistungsunternehmens Adveq. Die Mindestinvestitionssumme liegt in der Regel zwischen 3 bis 10 Millionen Franken. Die hohen Beträge liegen in der Natur der Sache. Private Equity (oder auf Deutsch: Privatmarktanlage) bedeutet nämlich nichts anderes als Geldanlagen in nicht börsenkotierte Unternehmen.

Man spricht auch von ausserbörslichem Eigenkapital im Gegensatz zum börslichen Eigenkapital, also zu Aktien, die an einer Börse kotiert sind. Die Mittel, die über PE-Investoren in solche Unternehmen fliessen, werden in der Regel zur Entwicklung neuer Produkte und Technologien, zur Aufstockung des Betriebskapitals oder zur Finanzierung von Übernahmen verwendet. Ziel ist es, am Ende des Investitionszeitraums von normalerweise drei bis acht Jahren durch den Verkauf der Beteiligung oder durch den Börsengang des Unternehmens einen Gewinn zu erwirtschaften. Das bedeutet aber auch, dass das Kapital in der Regel jahrelang oder gar jahrzehntelang gebunden ist. Für viele Anleger eine eher ungemütliche Vorstellung. Ein guter Teil der hohen Rendite ist somit eine Illiquiditätsprämie.

Ein anderer Teil resultiert daraus, dass verschiedene Unternehmensphasen abgedeckt werden, wie beispielsweise die Startphase oder Turnarounds, die lukrative Marktchancen bieten. Zudem wird auch in kleinere Unternehmen investiert, die an den öffentlichen Märkten nur wenig abgedeckt sind.

Geringe Liquidität

Bei Private-Equity-Anlagen können Anleger auf verschiedene Strategien wie Venture Capital, Buy-out oder Spezialsituationen setzen. Doch egal welche Strategie auch gewählt wird, PE bleibt eine Anlageklasse mit einem langfristigen Anlagehorizont: «Sie ist zudem ein wenig liquides Anlageinstrument und bedingt eine aufwendige Administration», sagt Ivana Reiss, Geschäftsführerin der Avadis Anlagestiftung.

Trotz all diesen Hindernissen stünde der Zutritt ins angebliche anlegerische Nirwana grundsätzlich auch Privaten offen. Nämlich via Anlagefonds oder ETF, die wiederum in PE oder PE­Fonds investieren. Mit acht Titeln ist das Angebot in der Schweiz allerdings noch mager. Es gilt ausserdem zu beachten, dass die Liquidität dieser Instrumente oft gering ist. Dafür sind die Kosten dieser Produkte oft beachtlich. Der grösste Nachteil ist aber der sachbedingte hohe Discount auf den inneren Wert. Untersuchungen zeigen, dass börsenkotierte Fonds je nach Anlagestrategie im Durchschnitt um mehrere Prozent pro Jahr schlechter abschneiden als nicht börsenkotierte Produkte. Als Folge der Börsenkotierung geht mit andern Worten ein Teil des Reizes von PE­Anlagen verloren. In den vergangenen Jahren spielten diese Bremseffekte zwar kaum. Denn viele dieser Anlagevehikel sind im Fünfjahresvergleich um hohe zweistellige Zuwachsraten gestiegen (siehe Tabelle).

Christoph de Dardel, Head of Private Equity von Unigestion, glaubt allerdings nicht daran, dass es dauerhaft gelingen wird, PE in liquide Strukturen zu packen. Die Anlageform bleibe somit weitgehend den institutionellen Investoren vorbehalten. Private, die sich dennoch an Private Equity beteiligen möchten, kaufen also am besten Aktien erfolgreicher PE­Unternehmen wie jene der Baarer Partners Group oder von Blackstone.

Die Pensionskasse der Manor­Warenhausgruppe, die seit 18 Jahren auf Private Equity setzt, hat mit ihren PE­Anlagen seither im Schnitt rund 3 Prozent Mehrperformance gegenüber dem MSCI­Weltaktienindex erzielt. Und dies nach Abzug aller Kosten. «Wir haben die Fondsbeteiligungen durch alle Marktphasen durchgezogen und deshalb das Entgelt für die lange Haltedauer und die Illiquidität der Anlageklasse kassiert», erklärt der Leiter der Pensionskasse, Martin Roth. Er geht auch in Zukunft von rund 3 Prozent Mehrperformance gegenüber Aktienanlagen aus. Unigestion Private­Equity­Stratege de Dardel rechnet sogar mit einem Plus von rund 4 bis 5 Prozentpunkten.

Kritiker warnen

Grundlegend anders beurteilt der Baarer Vermögensverwalter Pirmin Hotz die Anlagequalität von PE. Wie bei Infrastrukturanlagen, Hedgefonds oder Strukis sehe die Bilanz bei diesem alternativen Anlageinstrument keineswegs so toll aus, wie kolportiert. «Bis heute habe ich niemanden gefunden, der mit Private Equity auf Dauer hohe einstellige oder sogar zweistellige Renditen erzielt hat. Unter dem Strich sind die Resultate eher ernüchternd und entsprechen nicht den vollmundigen Renditeversprechen der Anbieter.» Aber weil es sich um «private» Anlagen handle, die nicht an einer Börse gehandelt würden, könnten die vollmundigen Versprechen der Anbieter nur schwer bewiesen oder widerlegt werden. Wenn ein Anbieter ein PE­Produkt auflege, laufe das in der Regel 10, 15 oder sogar 20 Jahre. In dieser Zeit erfolgten zahlreiche Kapitalabrufe und ­rückzahlungen. «Über die ganze Laufzeit verteilt sind das sehr komplexe Zahlungsströme. Wer ist da schon in der Lage, die Rendite korrekt zu messen?», sagt Hotz.

Der Baarer Vermögensverwalter verweist auf die enttäuschende Entwicklung einiger PE­Produkte, die an der Schweizer Börse kotiert sind oder waren, beispielsweise Shape Capital (im Sommer 2015 liquidiert), APEN, Castle Private Equity oder Princess Private Equity. Alle diese Gefässe wiesen seit ihrer Auflegung eine ernüchternde Performance auf. Im Vergleich mit kotierten Aktien lägen sie meilenweit zurück. Und von den PE­Fonds, die institutionellen Anlegern angeboten werden, stehen nach Hotz insbesondere Private Equity Welt II und III von Avadis schlecht da. «Wenn schon viele börsengelistete PE­Anlagen so schlecht abschneiden, entspricht es einer gewissen Logik, dass auch die nicht kotierten (privaten) Gefässe nicht besser sind.» Die Aussagen der Anbieter halte er für nicht besonders glaubwürdig. Gewiss, auch im Private­Equity­Bereich gebe es einige sehr attraktive Gelegenheiten. Das Problem sei aber, an diese Anlagen heranzukommen und diese überhaupt frühzeitig als zukunftsträchtige Anlagen zu erkennen.


23. Juni 2016

Autoren

FREDY GILGEN


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  • Alternative Anlagen
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