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Auf einer Höhe mit den Beratern

Unabhängigkeit Sie ist zwingend, damit die Vermögensverwalter das Geld ihrer Kunden ohne Interessenskonflikt so anlegen, als wäre es ihr eigenes.

An einer Investorenkonferenz in Pfäffikon im April 2016 sprach der damalige Schweiz-Chef von McKinsey, Christian Casal, einen bemerkenswerten Satz: «Ich bin noch nie einem CEO begegnet, der in ein Vermögensverwaltungsmandat der eigenen Bank investiert hat.» Diese Aussage eines hochrangigen Bankenkenners sagt viel aus über die Zunft der Geldanleger. Längst sind die meisten von ihnen zu reinen Verkäufern mutiert. Auf Druck ihrer Chefs verhökern sie ihren Kunden hochmargige, komplexe und oft intransparente Produkte in Form von Anlagefonds, Strukis, Hedgefonds, Infrastrukturfonds oder Private Equity.

In abendlichen Bierrunden mit Bankern ist dann zu hören, dass diese im Monats- oder sogar Wochenrhythmus daran gemessen werden, wie viele Produkte sie in die Portfolios ihrer Kunden «abgefüllt» haben. Wer in den Listen der besten Verkäufer oben steht, dem winkt ein üppig gefüllter Bonustopf. Wer hingegen kein «Killer-Gen» als Verkäufer besitzt, muss darben – ein Teufelskreis der Abhängigkeit.

Unabhängigkeit ist ein Erfolgsmodell, welches das Wohl des Kunden in den Mittelpunkt stellt. Was sind die Voraussetzungen für gelebte Unabhängigkeit? Erstens ist zentral, dass ein Vermögensverwalter ausschliesslich vom Honorar seiner Kunden lebt. Er vereinnahmt weder Vertriebsentschädigungen auf Produkten noch Retrozessionen auf Börsentransaktionen noch Bestandesprovisionen auf Fonds oder Finders Fees auf Geldern, die Kunden zu einer bestimmten Bank bringen. Ein wirklich unabhängiger Vermögensverwalter hat auch keine eigenen Fonds. Sobald er nämlich neben dem direkten Honorar seines Kunden weitere, verdeckte Erträge generiert, hat er Interessenkonflikte. Es ist doch völlig klar: Wenn ein Kunde seinem Banker eine jährliche Gebühr von beispielsweise 1 Prozent zahlt, Letzterer aber mit diversen Produkten zusätzliche Gebühren von 1 bis 2 Prozentpunkten vereinnahmen kann, um den harten Verkaufsvorgaben seiner gestrengen Chefs zu entsprechen, so steht dies im Kontrast zu den Interessen des Kunden und schadet auch seiner Performance.

Es ist erschreckend, wie klein die Anzahl Finanzdienstleister trotz wuchernder Regulierung heute noch ist, die von sich sagen kann, dass sie einzig vom Honorar des Kunden lebt und damit wirklich unabhängig ist. Dabei bietet dieser konsequente Weg für die Kunden fantastische Perspektiven, was langfristig auch dem Wohl des Vermögensverwalters dient, weil zufriedene Kunden die beste Werbung sind. Wer unabhängig ist, empfiehlt dem Kunden die geeignete Depotbank und setzt bei ihr äusserst kompetitive Depot- und Transaktionsgebühren durch. Wer unabhängig ist, setzt in der Verwaltung von Wertschriftenvermögen auf die kostengünstigen Originale: Den Kauf von Direktanlagen in Form von Aktien und Obligationen. Nur so ist der Vermögensverwalter in der Lage, punktgenau diejenigen Aktien und Obligationen von Unternehmen respektive Schuldnern in die Portfolios der Kunden aufzunehmen, die seinen Qualitätsansprüchen oder auch Kriterien der Nachhaltigkeit vollumfänglich genügen.

Mit der Beschränkung auf solide Direktanlagen übernimmt der Vermögensverwalter überdies die volle Verantwortung über alle seine Anlageentscheide und delegiert sie nicht einfach an «anonyme» Fondsmanager. Bei Produkten aller Art ist wohl kaum zu vermeiden, dass auch Ramsch drin steckt, den man gar nicht haben will. Qualitativ hochwertige Direktanlagen sorgen für Transparenz und sind Garant dafür, dass die Anleger noch wissen, was sich in ihren Depots befindet. Ein Unabhängiger ändert seine Politik auch in stürmischen Börsenzeiten nicht und lässt sich ebenso wenig von Modeströmungen beirren.

«Unabhängige Vermögensverwalter haben keine eigenen Fonds.»

Unabhängigkeit bedeutet auch die Verpflichtung zu Ehrlichkeit dem Kunden gegenüber. Wenn Gurus aus aller Welt darüber orakeln, ob die Aktienmärkte in sechs Monaten höher oder tiefer stehen als heute, ist das nichts als Kaffeesatzleserei. Wir alle wissen schlicht nicht, was die unmittelbare Zukunft an der Börse bringt.

Das sollen auch unsere Kunden wissen. Es ist und bleibt ein unerfüllbarer Traum, den richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkt in Aktien zu kennen. Deshalb gehören auch überzogene Renditeversprechen oder der Wunsch nach positiven Renditen in allen Marktsituationen ins Reich der Märchen, wie kürzlich die Kunden des institutionellen Vermögensverwalters GAM schmerzhaft erfahren mussten.

Erfolgsmodell in die Zukunft tragen

Zu guter Letzt bringt die Unabhängigkeit dem Vermögensverwalter nicht nur die besten und treusten Kunden, sondern auch die besten und treusten Mitarbeitenden. In einem Umfeld, das frei ist von Verkaufsdruck und Angst, fühlen sich Kundenbetreuer und Teammitglieder wohl. Dies sorgt für Kontinuität in der Betreuung der Kunden, die unabhängig denkenden und handelnden Unternehmern auf Augenhöhe begegnen. Ein tiefes Vertrauensverhältnis zwischen Vermögensverwalter und Kunden sorgt dafür, dass deren Vermögen oft generationen­übergreifend verwaltet werden dürfen – und so das Erfolgsmodell Unabhängigkeit in die Zukunft getragen wird.


17. Januar 2019

Autoren

Pirmin Hotz
Inhaber der gleichnamigen Vermögensverwaltungsgesellschaft, Baar.


Kategorien
  • Alternative Anlagen
  • Direktanlagen und Transparenz
  • Interessenkonflikte
  • Verkaufsdruck