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Banken verkaufen auch intransparente Hypotheken

Die Banken vernebeln einem mit ihren diversen Hypothekarmodellen die Sicht. Ein genauer Blick tut not und spart Geld.

Es ist ein bekannter Fakt: Die Zinsen verharren im langfristigen Vergleich auf rekordtiefem Niveau. Verglichen mit vor 12 Monaten sind sie gar noch weiter gefallen. Eine zehnjährige Hypothek beispielsweise hat sich gegenüber dem Vorjahr von rund 3,25% auf 2,25% verbilligt. Kurzlaufende Hypotheken kosten weniger als 1% pro Jahr. Solch tiefe Zinsen machen den Kauf von Eigentum attraktiv. Mieter zahlen im Vergleich zu Eigentümern seit längerem zu viel für das Dach über dem Kopf. Zwar sind viele verunsichert wegen des Geschreis um eine Blase am Immobilienmarkt. Die reale Preisentwicklung zeigt aber, dass davon – im Durchschnitt – noch keine Rede sein kann (siehe Grafik).

Wer vor dem Kauf der eigenen vier Wände steht oder Hypotheken ablösen muss, steht oft wie ein Esel am Berg vor den vielen Hypothekarvarianten der Banken. Dabei gibt es im Grunde nur zwei Modelle: die Festhypothek mit festem Zinssatz und fixer Laufzeit oder aber Hypotheken mit variablem Zinssatz und ohne fixe Laufzeit. Die Banken aber sind erfinderisch und kreieren unendlich viele «eigene» Modelle: Hypotheken mit variablem Zinssatz, jedoch mit einer Zinsobergrenze; Hypotheken mit festen Laufzeiten, bei denen immer wieder Tranchen erneuert werden müssen; Hypotheken mit einem planbaren Zinssatz, der sich nach Abschluss jährlich verändert. Der jüngste Gag sind Swap-Hypotheken.

Vergleichbarkeit fehlt
Diese kreativen Modelle seien fast immer zum Nachteil der Kunden, sagt Florian Schubiger von den Vermögenspartnern in Winterthur: «Mit diesen vernebeln die Banken den Kunden die Sicht. Viele dieser Modelle sind bezüglich Zinsgestaltung nicht vollständig transparent.» Für die Kunden haben sie den grossen Nachteil, dass sie nicht mit den Angeboten der Konkurrenz verglichen werden können. Für die Banken ist ein «vernebelndes» Vorgehen interessant, denn auf ihrem «einzigartigen» Modell haben sie das Monopol. Weil die Vergleichbarkeit fehlt, gelingt es den Anbietern, höhere Zinsen durchzusetzen. Schubiger: «Transparenz ist das A und O. Wer nicht vergleichen kann, schwächt seine Verhandlungsmacht.»

Ein weiterer Trick der Banken besteht darin, den Kunden Festhypotheken mit unterschiedlichen Laufzeiten zu empfehlen. Liegen die Verfalldaten dieser Kredite weit auseinander, finden Hauseigentümer kaum eine Bank, die eine einzelne Tranche ablöst. Wer nicht amortisieren kann, bleibt beim Ablauf von Tranchen beim ursprünglichen Hypothekargeber hängen. Das Resultat: Die Bank kann bei Ablösung der Tranche überhöhte Zinsen durchsetzen – der Kunde hat keine Wahl.
Worauf soll man nun aber in der gegenwärtigen Zinslandschaft setzen:

Festhypotheken oder variable Libor-Hypotheken? Libor bedeutet, dass die Verzinsung den kurzfristigen Marktzinsen folgt. Die Zinskurve ist in den letzten zwölf Monaten flacher geworden (siehe Grafik). Von einer steilen Zinskurve spricht man, wenn langfristige Hypotheken deutlich teurer sind als kurzfristige. Schubiger hält Festhypotheken unter 7 Jahren Laufzeit im Vergleich zu Libor-Hypotheken im Moment für unattraktiv. «Der Zins-Unterschied zwischen Libor und Laufzeiten von unter sieben Jahren ist zu gering.» Wer nicht alles auf eine Karte setzen will, kombiniert eine länger laufende Festhypothek mit einer Libor-Tranche.

Rückzahlung kann sich lohnen
Variable Hypotheken lassen sich gegen Zinsanstiege absichern. Das kostet im gegenwärtigen Zinsumfeld wenig. Solche Absicherungen (Caps) sollte man der Transparenz wegen immer getrennt von der Hypothek abschliessen. Nur so wird klar, was wie viel kostet.

Letztlich lohnt es sich in einer Tiefzinslandschaft nicht nur, Hypotheken aufzunehmen – sondern manchmal auch, diese zurückzuzahlen. Dann nämlich, wenn jemand Cash auf miserabel verzinsten Konti rumliegen hat: Man stellt sich quasi sein eigenes Geld teurer zu Verfügung. Banken machen Kunden die Hypothek meist mit den Steuereinsparungen schmackhaft. Mit dem Abzug der Schuldzinsen kann die Steuerlast in der Tat etwas vermindert werden. Nur, so Experte Schubiger: «Ist der Sparkontozins tiefer als der Hypothekarzins, ist die Hypothek unter dem Strich ein Verlustgeschäft.»


1. April 2012


Autoren

CHARLOTTE JAQUEMART


Kategorien
  • Alternative Anlagen